Dienstag, 5. Dezember 2017

Komm, wir podcasten und reden einfach über den Tod - so funktioniert das neue Podcast-Projekt "Endlich" - und wer dahintersteckt und warum eigentlich

Berlin/Osnabrück - Trauer wird jetzt auch hörbar. Das Trauerradio ist bereits gestartet, dazu bald mehr hier. Und den "Endlich"-Podcast gibt es jetzt monatlich - dahinter stecken Susann Brückner und Caroline Kraft, die ab jetzt immer monatlich eine Sendung online stellen. Darin geht es immer eine knappe Stunde über den Tod und alles ihm Verwandte, Trauer, Sterben, you name it. In der zweiten Hälfte der Sendung immer mit einem Gast. Ihr Credo: Es hilft viel über das Thema zu sprechen und das muss mehr getan werden, auch in der Öffentlichkeit. Aber wie funktioniert das Ganze? Und wie wird es weitergehen, was ist alles noch geplant? Wo gibt es den Podcast? Und wer sind die Macherinnen eigentlich? Fragen über Fragen... 

Am besten stellen wir sie einem Menschen, der sie am besten beantworten können: Carolin von Endlich. In einem E-Mail-Interview habe ich all die Fragen loswerden können, die mich beschäftigt haben. Und ich habe viele spannende Antworten und wertvolle Zeilen von ihr zurückerhalten, die ich sehr gerne hier teilen möchte. 


Was noch vor wenigen Jahren nur per Cassette möglich war, ist heute durch Internet und I-Pods zum einfach verfügbaren Medium geworden: Eigene Sendungen verbreiten. So wie es "die Endlichs" tun...  (Thomas-Achenbach-Foto)

Caro, Ihr sagt, dass ebenfalls die ermutigende Erfahrung gemacht habt, dass das Reden über Trauer und Tod und Sterben etwas durchaus Gutes sein kann - wobei auch Euer Weg mit Schicksalsschlägen begonnen hat. Mögt Ihr ein wenig darüber erzählen? 

Caroline: Wir haben beide Menschen durch Suizid verloren. Susann hat diese Erfahrung gleich zweimal gemacht, und zwar im Abstand von fast 20 Jahren, einmal mit 19 und dann nochmal vor anderthalb Jahren. Bei mir ist es knapp drei Jahre her - wir arbeiteten zu der Zeit in derselben Firma und Susann war eine der ersten Personen, die sich bei mir meldeten. Ich weiß noch genau, was in der Email stand: „Ich habe ähnliche Erfahrungen mit dem Thema gemacht wie Du. Wenn Du mit jemandem darüber reden möchtest, die dich nicht betroffen anschaut, sag mir Bescheid.“ Ich fand das so toll: offen und mutig und ganz anders als bei vielen Leuten, die einfach total überfordert waren von der Situation. Wir haben dann angefangen, genau das zu tun: uns abends zum Bier zu treffen und über unsere Erfahrungen zu sprechen. Für mich war das wahnsinnig wichtig. Und wir haben gemerkt, dass das Thema Tod und Trauer fast unerschöpflich ist - und spannend, nicht nur auf einer persönlichen Ebene. Wir glauben, dass es einen anderen gesellschaftlichen Umgang damit braucht und würden uns mehr Unerschrockenheit und mehr Neugier wünschen. Aber das ist eben nur möglich, wenn man sich selbst schon mal mit dem Thema beschäftigt hat.

Nun also ein Podcast über Tod, Trauer und Sterben. Und immer mit Gästen. Wieso habt Ihr Euch für das Format Podcast entschieden? Kommt Ihr aus der Radiobranche?

Caroline: Nein, aber wir kommen aus der Kultur- und Medienbranche. Wir haben uns in einem Verlag kennengelernt. Susann arbeitet dort immer noch, ich habe mich mittlerweile selbständig gemacht. Susann ist ein riesiger Podcast-Fan und wollte das gerne immer mal selbst ausprobieren. Ich komme eher aus der schreibenden Richtung. Der Gedanke war aber naheliegend, irgendwann dachten wir abends beim Bier: Eigentlich müsste man nur ein Mikro neben uns aufstellen, dann hätten wir fast schon einen Podcast. Wir wollen aber vor allem auch mit anderen darüber sprechen, und finden es wahnsinnig spannend, Gäste einzuladen und ihre Meinung zu dem Thema zu hören.

Wie kommt Ihr denn an Eure Gäste ran? Und habt Ihr keine Angst, dass Euch nach zwei Jahren Gäste und Ideen ausgehen könnten?

Caroline: Im Moment vor allem durch ein großes Netzwerk aus Freunden, Kollegen und Menschen, mit denen wir auf die ein oder andere Art mal zusammengearbeitet haben. Da hilft uns unser Job natürlich auch. Außerdem mache ich gerade eine Ausbildung zur Sterbebegleiterin, wo mir viele interessante Menschen aus dem Umfeld der Hospizbewegung begegnen. Seit wir von dem Podcast erzählen, melden sich auch viele Leute bei uns. Da kommt so eine tolle Bandbreite zustande: Menschen, die selbst mit dem Thema konfrontiert waren, wie z.B. die Autorin und Radiomoderatorin Lea Streisand, die wir als ersten Gast eingeladen haben. Lea ist mit 30 an Krebs erkrankt und dem Tod sehr nahe gekommen. Oder Gäste, die irgendwie professionell mit dem Tod arbeiten - von der Bestatterin bis zum Ethnologen, der über den Umgang mit dem Tod in anderen Kulturen forscht. Kurz gesagt: Nein, wir haben im Gegenteil das Gefühl, wir könnten jede Woche eine Sendung machen, ohne dass es langweilig würde. 

Was wäre Eure Wunschvorstellung, was Euren Podcast angeht?

Caroline: Wir würden uns wünschen, dass wir einigen Leuten einen Anstoß geben, mal über den Tod nachzudenken. Wir haben ja gerade unsere erste Sendung veröffentlicht, und wir kriegen viele Rückmeldungen von Hörern, die sagen, dass das, worüber wir sprechen, sie berührt und zum Nachdenken anregt. Das ist genau das, was wir mit dem Podcast erreichen wollen: Wir wollen zeigen, dass die Beschäftigung mit dem Tod gut und spannend sein kann und nicht zwangsläufig schwer oder traurig sein muss. Außerdem geht es uns in erster Linie nicht darum, Antworten zu geben, sondern Fragen zu stellen. Wir verstehen unseren Podcast als eine Art Spurensuche zu einem Thema, zu dem jeder seine eigenen Antworten finden muss.

Wieso eigentlich endlich.cc ? Wie kommt es zu diesem cc - und wie macht man das, sich so eine Internetadresse anlegen zu können? Ich hatte ja beinahe erst vermutet, ihr würdet in Tschechien leben... Aber ihr lebt in Berlin, oder?


"Endlich" ist endlich online: Susann Brückner (links) und Caroline Kraft freuen sich über ihr Podcastprojekt.   (John-Facenfield-Foto, mit freundlicher Genehmigung)

Caroline: Unser Name - endlich - ist eigentlich ein Wortspiel. Endlich: Wie das Leben. Endlich. Aber auch: Wir sollten endlich mehr über den Tod reden. Und natürlich auch: Endlich gibt es unseren Podcast! :-) Unsere Domain-Endung .cc ist aus relativ praktischen Überlegungen entstanden - wir wollten eine kurze Adresse mit unserem Haupttitel, und endlich.de oder endlich.com waren bereits vergeben. Es gibt mittlerweile sehr viele unterschiedliche Endungen, die man ganz normal bei den üblichen Anbietern von Domains kaufen kann - .cc ist uns schon häufiger begegnet, weil es mittlerweile einige Startups gibt, die Ihre Website so enden lassen. Und es gefällt uns gut, weil es so schlicht und knackig ist. Und, ja, wir leben in Berlin. 

Wird das Angebot kostenlos sein oder wollt ihr es irgendwann, wie man heute im Wirtschaftsdeutsch so hübsch sagt, "monetarisieren"?

Caroline: Das Angebot ist kostenlos und das ist uns wichtig. Wir wollen die Schwelle zur Beschäftigung mit unserem Thema ja so klein wie möglich halten und auch denjenigen die Möglichkeit geben, die einfach nur mal neugierig sind und nicht so richtig wissen, ob der Tod das richtige Gesprächsthema für sie ist. Wir haben außerdem beide „richtige“ Jobs und machen "Endlich" als Hobby. Das ist toll, weil es uns eine riesige Freiheit gibt - diese Freiheit wollen wir auch unbedingt beibehalten.

Ja, das kann ich nachvollziehen... So geht es mir auf diesem Blog hier auch. Okay, nochmal eine technische Anleitung für Dummies: Wie kann ich einen Podcast anhören, selbst wenn ich heute zum ersten Mal davon lese, dass es sowas gibt?

Caroline: Du gehst auf unsere Seite, www.endlich.cc. Dort kannst Du den Podcast online anhören oder für später runterladen. Außerdem ist er bei iTunes und den gängigen Podcast-Plattformen verfügbar - dort kann man endlich. auch abonnieren. Dann werden Dir automatisch neue Folgen angezeigt und Du kannst sie jederzeit hören - online oder offline... 

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

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Männertrauergruppe in der Region Osnabrück: Offene Gruppe, Einstieg jederzeit möglich - alle Infos über die Gruppe gibt es hier

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

Und NEU auf diesem Blog: Mehr als Spendenübergaben - Praxis.Tipps für eine gelingende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Hospiz-, Trauer & Palliativinitiativen

Und im Kultur-Blog des Autors: Wie man als Autor vom Schreiben leben kann - Tipps für Hobbyautoren von einem echten Profi (und ein Plädoyer fürs Selfpublishing)

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