Dienstag, 24. Oktober 2017

Bitte nehmt immer auch die Kinder mit - ans Sterbebett, ins Krankenhaus, ins Hospiz... überall dorthin, wo sie sehen und begreifen können - was wir aus dem Roman "Sieben Minuten nach Mitternacht" Wichtiges fürs Leben und Sterben lernen können

Osnabrück (eb) - Keine Sorge: Zum Lesen dieses Blogbeitrags sind keine fundierten Kenntnisse des Buches "Sieben Minuten nach Mitternacht"nötig. Eigentlich reicht für unseren Kontext diese kurze Zusammenfassung: In dem Roman geht es um den 13-jährigen Jungen Conor, dessen Mutter unheilbar an Krebs erkrankt ist und ins Krankenhaus muss. Der Vater hat die Familie schon vor längerer Zeit verlassen, Conor schmeißt erst alleine den Haushalt und lebt später bei der Großmutter. Die ihn aber meist zuhause lässt und ihre Zeit im Krankenhaus verbringt. Denn keiner - weder Vater, noch Großmutter, noch die Mutter selbst - traut sich, dem Jungen die Wahrheit zu sagen: Dass die Mutter sicher sterben wird. Bald sogar. Wie sich alles um diesen Kardinalfehler windet und welche psychologischen Folgen das haben kann, stellt das Buch als berührende Monstergeschichte heraus - und daraus lässt sich eine Menge lernen. Kurz gesagt: Keine falsch verstandene Schonung. Nehmt die Kinder mit.

"Nicht dabei sein, macht die Sache nicht besser". In diesen simplen Worten fasst die Familientrauerbegleiterin Mechthild Schroeter-Rupieper zusammen, worum es geht. Sie erzählt auf ihrer Facebookseite die bewegende Geschichte - eine echte Geschichte, anders als die von Conor - vom fünfjährigen Konrad, der mit dem ganz plötzlichen Herzinfarkt und nahenden Tod seiner Mutter konfrontiert ist. Und wie er dann mit seinem Papa in das Krankenzimmer geht und sich von der Krankenschwester genau alle Schläuche erklären lässt. Aber darf man Kindern sowas zumuten? Ist das nicht grausam?


(Foto: Thomas Achenbach)

Nun ja, was wäre denn die Alternative? Dass die Kinder zuhause sitzen und nicht miterleben können, was los ist? Und dann stehen sie plötzlich vor so einem Holzding und verstehen die Welt nicht mehr...? Klar, keiner versteht die Welt, wenn es um den Tod geht. Aber was für die Erwachsenen gilt, ist für die Kinder genauso wichtig. Vielleicht noch wichtiger:


Wir Menschen müssen begreifen lernen - auch die Kleinen


Wenn wir begreifen wollen, müssen wir erleben können. Den toten Körper zu sehen und anzufassen, das können sich viele kaum vorstellen (ging mir genauso und ich habe es auch nicht getan - aber immerhin war ich dabei, mit im Raum, als meine Mutter starb). Dabei sein zu dürfen, wenn der Tod eintritt, das kann manchmal auch ein Geschenk sein, es kommt immer auf die jeweilige Situation drauf an. Und manche Eltern, die ihren Kinder sowas zugemutet haben, berichten von ganz überraschenden und erstaunlich guten Erfahrungen, die sie damit gemacht haben. Wobei mir ganz, ganz wichtig ist, dass wir die Kinder nicht einfach dorthin zwingen, ans Sterbebett oder zu der gestorbenen Person - sondern sie selbst fragen, ob sie sich das vorstellen könnten und ob sie dorthin möchten. Das kann hilfreich sein für sie, wenn die Faktoren stimmen. 

Inzwischen ist "Sieben Minuten nach Mitternacht" auch verfilmt worden - eigentlich total unnötig, denn das Buch alleine weckt starke innere Bilder in einem. Aus Zeitgründen habe ich mir den Roman im Hörbuchformat vorlesen lassen. Das war eine wertvolle Erfahrung.    (Thomas-Achenbach-Foto)


Hilfreicher jedenfalls als irgendwo anders sitzen zu müssen und nicht genau zu wissen, was jetzt da eigentlich vorgeht, wo die Erwachsenen immer so ernst und mit so düsteren Mienen immer hingehen. Siehe da, wer seine Kinder mitgenommen hat, der berichtet später oft: Sie konnten ganz gut damit umgehen. Die Kinder haben ihre eigenen Schutzmechanismen. Natürlich wird so eine Situation für sie ihre eigenen Überforderungen mit sich bringen. Natürlich wird es nicht leicht, für keinen, der dabei ist. Aber: "Nicht dabei sein, macht die Sache nicht besser".


Man möchte die Eltern anbrüllen: Sagt es ihm, verdammt!


Auch Conor in der Geschichte entwickelt seine Schutzmechanismen. Sehr realistisch schildert das Buch, wie der Junge in der Schule plötzlich gemieden wird. Als ob der Krebs seiner Mutter etwas Ansteckendes oder Anrüchiges hätte - oder als ob er selbst plötzlich unsichbar wäre. Diese gigantischen Unsicherheiten, die mit dem Tod einhergehen - sie wirken auch im echten Leben oft leider so. Doch wie sich am Ende zeigen wird: Ganz tief im hintersten Winkel seines Herzens hat Conor gewusst, was geschehen wird. Bis dahin ist viel geschehen, es hat Wut und Zerstörung gegeben und sonst vieles, was Trauer mit sich bringt. Aber so richtig gesagt, was Sache ist, hat es ihm bis kurz vor Schluss eigentlich keiner. Der Junge hat viel alleine zuhause gesessen und sich ein ebenso beängstigendes wie freundliches Monster als seine persönliche Hilfe geholt - das vielleicht sogar echt ist, an dieser Stelle lässt das Buch in wohltuendem Mystizismus alles offen. Aber der Leser hat bis dahin längst in vielen Passagen innerlich aufgestöhnt...


Kinder können mehr aushalten und verstehen, als manche denken - sie in eine falsch verstandene Schonungszone zu stecken, ist oft schlimmer als sie mitzunehmen und der Wahrheit auszusetzen.   (Pixabay.de-Foto/Creative-Common-0-Lizenz)

Denn er hat schon oft die erwachsenen Figuren vor seinem geistigen Auge förmlich angeschrien: Jetzt sagt es ihm! Sagt es ihm! Nehmt ihn mit, verdammt nochmal! Lasst ihn dabei sein! Denn: Nicht dabei sein, macht es nicht besser.... Wie gut ist es da zu wissen, dass Fachfrauen wie Mechthild Schröter-Rupieper in der echten Welt solche Botschaften mitverbreiten. Danke dafür... 

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung) und bietet Podcasts rund um das Thema Trauer an (bitte hier klicken). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich Trauernde förmlich zerrissen fühlen müssen - eine Einführung in das "Duale Prozessmodell der Trauer" und seine Fallstricke

Ebenfalls auf diesem Blog: Gibt es so etwas wie Leichengift? Und stimmt es, dass die Nägel von Toten noch lange weiterwachsen? Ein paar Antworten auf sechs große Fragen

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie eine Familie den Geburtstag der gestorbenen Tochter jedes Jahr als Abschieds- und Lebensfest gestaltet und warum das Mut machen kann

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Ebenfalls auf diesem Blog: Keine Sorge, alles normal - was Trauernde in einer Verlustkrise alles so tun und warum einem das nicht peinlich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

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Dienstag, 17. Oktober 2017

Tod und Trauer am Arbeitsplatz: Was Firmen tun können, ist eine ganze Menge - Liebe Arbeitgeber, nur Mut: Bei den Themen Tod und Trauer im Job lässt sich mit wenig schon viel erreichen (Jahresthema Trauer im Job/ Trauer im Berufsleben, Teil 5)

Osnabrück - Man stelle sich einmal folgendes vor: Einmal im Jahr wird in einer großen Firma im Intranet eine öffentliche Trauerfeier angeboten - zum Gedenken an die in den vergangenen 12 Monaten verstorbenen Mitarbeiter. Musik, Ansprachen, Schweigeminute, alles dabei, nur halt über das Intranet zuerst als Livestreams, später als Aufnahme verfügbar. Eine ebenso festliche wie würdevolle Veranstaltung, die noch vor Ausbruch der Coronakrise auch als echte Feier angeboten worden ist und nur vorübergehend ins rein digitale Format wechseln musste. Sagen wir einfach mal, die Firma hat insgesamt 550 Mitarbeiter - da ist der Tod leider niemals weit, so hart das auch klingt (und so gerne man das anders hätte). Ein Beispiel dafür, wie sich aktiv und gestaltend als Arbeitgeber in Sachen Tod und Sterben etwas tun lässt - also in einer Situation, in der sonst Unsicherheiten und Fluchttendenzen um sich greifen. Es gibt noch mehr solcher Ideen.

Weil diese Trauerfeier schon in der Vor-Coronazeit eingeführt worden ist, haben die Mitarbeiter verinnerlicht: Die Teilnahme daran, also auch das Anschauen der Feier über das Intranet, darf gerne als Arbeitszeit gewertet werden. Das gehört dazu und wer es so handhabt, wird nicht schief angeguckt. Auch darin zeigt sich die Wertschätzung, die das Unternehmen ihren Mitarbeitern gegenüber zum Ausdruck bringt und die mit dem Tod nicht enden sollte. 


Was Firmen tun können


Wenn ein Mitarbeiter gestorben ist, stellen sich viele Fragen. Auch ganz pragmatische: Wie soll - beispielsweise - das Ausräumen des Schreibtisches geschehen? Wer ist dafür verantwortlich? Wann ist ein guter Zeitpunkt? Denn die vielen emotionalen Fallstricke, die alleine eine solche nur vermeintlich nebensächliche Aufgabe mit sich bringt, sind bitte nicht zu unterschätzen. Wer den Schreibtisch zu früh und ohne Information ausräumen lässt, darf sich der Empörung der Mitarbeiter sicher sein - hier zählt der Mensch wohl nichts mehr, wird es heißen. Klar: Wie in allen Belangen, die die emotionalen Ebenen der Mitarbeiter betreffen, geht es hierbei um Wertschätzung. 

Wenn ein Mitarbeiter verstorben ist, geht es um Würde, Wertschätzung, aber auch um Klarheit und Transparenz. Wer schmückt den Arbeitsplatz des Verstorbenen? Aber auch: Wer räumt - und wann - einmal den Schreibtisch aus?  (Thomas-Achenbach-Foto)

Der Tod ist niemals weit weg - je größer die Firma, desto näher


Also um die Frage, ob es einem Unternehmen gelingt, seinen Mitarbeitern das Gefühl zu geben, dass sie auch als Mensch gesehen und angenommen werden - nicht alleine als Arbeitskraft. Wer seine Mitarbeiter auch in Krisenzeiten gut begleiten kann, positioniert sich als ein guter Arbeitgeber. Wer sich den Themen Tod, Trauer und Sterben dabei nicht verweigert, sondern sie aktiv angeht, besetzt dabei sogar - derzeit noch - eine Nische in Deutschland. Und das ist deswegen so wichtig, weil der Tod viel alltäglicher ist als wir das gerne wahrhaben wollen. Wer sich auf die Suche nach Zahlen macht, der stößt an vielen Orten auf diese Angaben (ich habe sie jedoch nicht selbst nachrecherchiert): Jedes Jahr sterben demzufolge in Deutschland im Durchschnitt 850 000 Menschen. Rund 130 000 bis 140 000 davon sind noch mitten im Beruf. Angestellte. Arbeitnehmer. Mit Kollegen. Und Chefs. 


Es muss nicht immer eine große Feier sein - Kleines bringt auch viel


Zugegeben: Die Anzahl von 550 Mitarbeitern in dem Beispiel oben ist frei erfunden. Dass es aber eine Firma gibt, die eine jährliche Trauerfeier veranstaltet, ist Fakt: Von einem Unternehmen aus Linz, bei dem regelmäßig rund 30 Prozent der Mitarbeiter diese Veranstaltung wahrnehmen, berichtet der Erich-Schmidt-Verlag in einem Newsletter zum Thema Trauer am Arbeitsplatz. Dabei muss es gar nicht etwas so Großes sein wie eine eigene Trauerfeier. Es lässt sich schon mit recht wenig sehr viel tun... Und das ist gut so. Denn das Thema wird in der Zukunft immer wichtiger werden, da bin ich mir sehr sicher. Dass es für Unternehmen wichtig ist, sich hier gut aufzustellen, habe ich in diesem Blog schon oft als Credo formuliert. Dass es einfacher ist als man glaubt - trotz der Schwere des Themas - ebenfalls. 


Auch die Mitarbeiter in Trauer mitberücksichtigen


Berücksichtigt werden müssen immer alle Möglichkeiten: Was tun, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens stirbt? Was tun, wenn ein Mitarbeiter, der einen Angehörigen verloren hat, an den Arbeitsplatz zurückkehrt? Denn wenn ein trauernden Mitarbeiter zurückkehrt, darf das Ziel nicht lauten, die Trauer und die Gefühle möglichst rasch zu überwinden um zu größtmöglicher Effizienz zurückzufinden, sondern einen Weg zu finden, wie die Gefühle einen Raum finden können - auch auf der Arbeit! - und der Mensch dahinter sich anerkannt und gesehen fühlt. Wem das gelingt, der punktet ungemein als Arbeitgeber. Und unvermeidlich ist es sowieso: "„Trauer lässt sich nich t auf den Feierabend verschieben“ -so formuliert es Annika Schlichting von der Charon-Beratungsstelle, Hamburg, in einem Vortrag auf der Messe "Leben und Tod" 2017 in Bremen. Hier nun also eine kurze Ideenliste für Firmen, was alles getan werden kann im Falle von gestorbenen Mitarbeitern und im Falle von Trauernden am Arbeitsplatz:


Eine simple Spielzeugampel - in einem Großraumbüro lässt sich so ein Accessoire sinnvoll einsetzen, um den Kollegen Signale zu setzen, beispielsweise wenn ein Mitarbeiter in Trauer ist: Bin ansprechbar, bin nicht ansprechbar.   (Thomas-Achenbach-Foto)


Tipps und Ideen für Arbeitgeber - eine erste Sammlung 


- Eine firmeninterne Trauerkultur entwickeln und etablieren, zu der gehören kann, dass Arbeitsplätze von gestorbenen Mitarbeitern einen besonderen Schmuck erhalten, dass es regelmäßige Schulungen von Führungskräften zu dem Thema gibt und dass eine firmeninterne Notfallmappe für Trauerfälle bei Mitarbeitern oder Todesfälle angelegt wird, die in Personalabteilung und im Intranet für alle zugänglich gemacht wird.

- Ein Kondolenzbuch am Arbeitsplatz des Verstorbenen auslegen oder ggf. eine eigene Trauerecke einrichten, wo ein Foto der Verstorbenen mit etwas Schmuck stehen kann.

- Einen Paten benennen, der sich um die Pflege und den Zustand der Trauerecke bzw. des Arbeitsplatzes kümmert.

- Sich mit Material zum Schmücken eines Arbeitsplatzes bevorraten (LED-Trauerkerzen, schwarzes Band, schwarze Bilderrahmen zum Aufstellen) und dieses Material an zentraler Stelle (Personalabteilung) hinterlegen, diese Information zugänglich machen, so dass alle Führungskräfte wissen, wo sie und wie sie an das Material kommen können.

- Die von der Firma aufgegebenen Traueranzeigen unbedingt individuell formulieren und sich nur auf wenige Standard-Textblöcke verlassen. Die in Oberhausen als Coach und Trauerbegleiterin arbeitende Christine Kempkes berichtete von einem Tag, als in einer Zeitung im Ruhrgebiet von einer Firma gleich zwei Todesanzeigen veröffentlicht wurden. Textlich identisch. Bis auf den Namen und den zu würdigenden Verstorbenen. Sowas geht natürlich nach hinten los. Noch besser, empfiehlt Kempkes, wäre es, die Anzeige mit den Angehörigen abzustimmen - und die private Anzeige hat immer Vorrang vor der Firmenanzeige.

- Auch im Intranet die Traueranzeige des Verstorbenen veröffentlichen, kombiniert mit der Möglichkeit, dort Kondolenz-Einträge zu hinterlassen - falls kein Intranet vorhanden, über einen öffentlichen Aushang der Traueranzeige nachdenken.

- Auch die Pensionäre und Aussteiger aus der Firma im Todesfall als integralen Bestandteil mit erwähnen, nicht nur, aber auch wenn es sich um vor kurzem aus der Firma ausgeschiedene Pensionäre handelt (so empfahl es die Fachfrau Annika Schlichting von der Trauerberatungsstelle Charaus Hamburg auf der Messe Leben und Tod 2017).

- Nicht nur eine firmeninterne Trauerfeier etablieren - etwa einmal im Jahr -, sondern diese auch aufzeichnen und, falls vorhanden, im Intranet übertragen oder später zeigen für alle, die nicht hingehen können. Die Aufzeichnung könnte außerdem als DVD an die Angehörigen als Geschenk der Firma übermittelt werden.

- Trauernden Mitarbeiten die Möglichkeit zum Rückzug geben, wenn die Gefühle sie übermannen, ggf. - in größeren Firmen - einen Ruheraum oder "Raum der Stille" einrichten und anbieten, der für solche Zwecke genutzt werden kann. Denn die Frage "Wie halte ich meine Gefühle unter Kontrolle" kann für Mitarbeiter bei Trauer eine besonders schwierige Frage sein. Da ist es gut, wenn sich nicht alleine das Klo als Rückzugsort anbietet.

- Regelungen treffen und schriftlich hinterlegen: ist es den Mitarbeitern erlaubt zur Beerdigung zu gehen (eines Kollegen, beispielsweise, oder eines Angehörigen eines Kollegen). Wird diese dennoch als Arbeitszeit gewertet und wenn ja, in welchem Fall? Wichtig ist hier: Klarheit und Transparenz. Genauso wichtig: Diese Infos nicht einfach nur irgendwo hinterlegen, sondern sie nochmal mitteilen, ansprechen, kommunizieren, wenn es soweit ist (hierfür die Führungskräfte auf regelmäßigen Schulungen sensibilisieren).


- Großer Knackpunkt: Ausräumen des Schreibtisches im Todesfall eines Mitarbeiters. Ganz wichtig hierbei: Klarheit und Transparenz. Anzukündigen, wann das geschehen wird und wer es machen wird, was mit den Dingen darin geschehen wird. Keine geheimnisvolle Nacht-und-Nebel-Aktion. Immer den guten alten Arbeitgeberspruch mitbedenken: Information breeds confidence (grob übersetzt: Informationen erzeugen Sicherheit).

- An den Jahrestag des Verstorbenen denken, auch dann ein Kärtchen an die Angehörigen schicken, am besten dies nach einem Erinnerungsimpuls durch die Personalabteilung von den ehemaligen Vorgesetzten eines verstorbenen Mitarbeiters erledigen lassen.

- Das Erstgespräch mit einem Trauernden, der zur Arbeit zurückkommt, nur unter vier Augen führen, dies als feste firmeninterne Regel zu hinterlegen. Ggf. danach ein Gespräch gemeinsam mit dem Team führen. Erst dann das Team und den Trauernden wieder zusammen arbeiten zu lassen. 

- Führungskräfte sensibilisieren: Wie können Trauernde am Arbeitsplatz Signale verabreden, ob sie gerade ansprechbar sind oder lieber nicht angesprochen werden sollen. Vor allem in Großraumbüros bieten sich hierfür beispielsweise Spielzeugampeln an, bei denen die Farbe gewechselt werden kann. Grünes Licht = ansprechbar, Rotes Licht = bitte nicht ansprechen. 

- Für Trauernde, die an den Arbeitsplatz zurückkehren, ggf. ein Arbeitszeitkonto einrichten, auch die Möglichkeit von Teilzeit oder Wiedereingliederungszeit anbieten, je nach Schwere und Intensität des Trauerfalls.

- Regelungen zu finden, die in sozialen Leitfäden hinterlegt sind: Dürfen Mitarbeiter einer Abteilung mit auf die Trauerfeier eines Kollegen gehen, wenn sie das wollen? Gilt das als Arbeitszeit?

- Das Thema Trauer in die Sozialen Leitfäden mit aufnehmen, falls vorhanden, Regelungen treffen über Abwesenheiten, Wiedereingliederungen, etc. (Die Firma Facebook beispielsweise gewährt mittlerweile bei Trauerfällen ihren Angestellten 20 Tage Abwesenheitszeit zum Trauern)

- Und natürlich, ein solcher Hinweis in eigener Sache muss mir an dieser Stelle erlaubt sein: Darüber nachdenken, externe Fachkräfte wie ausgebildete Trauerbegleiter zur Beratung und Begleitung in diese firmeninternen Prozesse mit dazuzuholen oder sie als Referenten für firmeninterne Workshops zu diesem Thema zu verpflichten - oder ggf. auch einzelne Mitarbeiter zu begleiten. 

- Eine Idee von Christine Kempkes: Firmen könnten Mitarbeitern anbieten, dass sie fünf Einheiten Trauerbegleitung übernehmen - dies könnte ebenfalls im Sozialen Leitfaden hinterlegt sein.



- Übrigens: Ab 2018 soll es möglich sein, sich auch wegen Trauer als Diagnose krankschreiben zu lassen, so sehen es Pläne der WHO vor. Auch zu diesem Thema findet sich schon mehr auf diesem Blog.


Material zum Schmücken des Arbeitsplatzes sollte zentral hinterlegt sein - LED-Kerzen sorgen für die Sicherheit, ein schlichtes schwarzes Band für würdevolles Zeichensetzen. Führungskräfte sollten wissen, wo das Material abgelegt ist und wie sie es sich besorgen können.   (Thomas-Achenbach-Foto)

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Das Buch zum Thema: "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise" von Thomas Achenbach aus dem Campus-Verlag enthält viele Tipps und Anregungen rund um die Themen Trauer am Arbeitsplatz, Mitarbeiter in Pflegeverantwortung und mehr 

Ebenfalls auf diesem Blog: Serie zum Thema "Trauer am Arbeitsplatz":


Folge 1: In fünf bis zehn Jahren braucht jedes Unternehmen ein tragfähiges Konzept
Folge 2: England macht es vor: Das Jack's Law hilft Eltern beim Verlust eines Kindes
Folge 3: Damit ganz Europa sprachfähig wird in Sachen Trauer - eine neue Initiative
Folge 4: Warum "Trauer am Arbeitsplatz" jetzt Thema im Schulunterricht wird
Folge 5: Die deutschlandweit erste Trauer-Betriebsvereinbarung - so funktioniert sie

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung an in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Thomas Achenbach ist der Autor der Bücher "Männer trauern anders - was ihnen hilft und gut tut", 168 Seiten, Patmos-Verlag und "Mitarbeiter in Ausnahmesituationen - Trauer, Pflege, Krise", 220 Seiten, Campus-Verlag. Mehr Infos auf www.thomasachenbach.de

Lesungen, Vorträge, Workshops, Seminare, Trauergruppen und mehr: Alle aktuellen Termine mit Thomas Achenbach finden sich unter diesem Link 

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Ebenfalls auf diesem Blog: Warum sich Trauernde förmlich zerrissen fühlen müssen - eine Einführung in das "Duale Prozessmodell der Trauer" und seine Fallstricke

Ebenfalls auf diesem Blog: Gibt es so etwas wie Leichengift? Und stimmt es, dass die Nägel von Toten noch lange weiterwachsen? Ein paar Antworten auf sechs große Fragen

Ebenfalls auf diesem Blog: Tipps zum Umgang mit Trauernden und mit Trauer - was Menschen in einer Trauer- und Verlustkrise hilft und was man Trauernden sagen kann 

Ebenfalls auf diesem Blog: Wie eine Familie den Geburtstag der gestorbenen Tochter jedes Jahr als Abschieds- und Lebensfest gestaltet und warum das Mut machen kann

Ebenfalls auf diesem Blog: Darf ich einen Menschen in Trauer eigentlich auf seinen Trauerfall ansprechen oder mache ich damit alles nur noch schlimmer? Ein paar Tipps...

Ebenfalls auf diesem Blog: 27 gute Rituale für eine Trauerfeier - wie sich eine Gedenkfeier so gestalten lässt, das sie den Angehörigen/Trauenden gut tun kann

Ebenfalls auf diesem Blog: Was muss ich machen, wenn ich wegen Trauer krankgeschrieben werden möchte? Geht das überhaupt und wenn ja, wie denn?

Ebenfalls auf diesem Blog: Der Fluch der Tapferkeit - warum es Menschen in der modernen Gesellschaft so schwer fällt Trauer als etwas Normales anzuerkennen

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Mittwoch, 4. Oktober 2017

Aktuelles & Bewegendes: Eine Lebens-und-Trauerpflanze im Überraschungspaket, eine neue Männertrauergruppe in der Region Osnabrück.... - und ein Vortrag am 25.10.

Osnabrück - Plötzlich stand dieses Paket im Flur, als ich nach Hause kam. Und es war vom Rest der Familie schon neugierig beäugt worden. "Wieso steht da denn ,Pflanze' drauf?", wurde ich gefragt. Gute Frage, ich hatte keine Ahnung - aber als ich es ausgepackt hatte, war die Freude groß. Denn es enthielt mehr als nur eine schöne Überraschung. Das ist nur eine von mehreren aktuellen Entwicklungen rund um meine Tätigkeit als Trauerbegleiter und rund um diesen Blog. Bald gibt es zudem ein neues Angebot, das sich jetzt entwickelt: Ab dem 11. 10. wird es im Raum Osnabrück eine neue und offene Trauergruppe nur für Männer geben, bei der ein Einstieg jederzeit möglich ist und die ich gemeinsam als Teil eines Teams leiten darf. Aber der Reihe nach.  

"Hätte ich vor ein paar Jahren von Ihnen gewusst, wäre der Trauerweg mit Ihnen sicherlich leichter gewesen. Ja, bei Ihnen hätte ich um Hilfe gefragt, obwohl ich eine Frau bin...." Das waren ganz sicher die ermutigendsten und wohltuendsten Worte, die an mich im Verlauf des Jahres adressiert wurden. Weil sie etwas über Trauerredner und die Umsatzsteuer googelte - eines der Themen, über die ich ganz zu Beginn dieses Blogs einmal etwas geschrieben hatte - war diese Berliner Leserin auf meinen Blog gestoßen, hatte sich darin festgelesen und schickte mir als Dank für die Beiträge das eben genannte Paket. Darin enthalten: Ein abgeschnittener Abschnitt einer Porzellanblume. Aus einem ganz besonderen Grund: 


Kam als Geschenk zu mir: Dieser selbst beschriftete Blumentopf mit einem interessanten und symbolträchtigen Inhalt. 

Irgendwann einmal hatte diese Leserin einen Zweig dieser Blume in der Wohnung ihres Vaters abgeschnitten, als es diesem schon nicht mehr ganz so gut ging. Als der Vater starb, war es für sie, wie es das so oft ist, eine Erschütterung, ein Schock, etwas eigentlich Unfassbares und kaum Begreifbares. Aber es gab ja diese Pflanze, die nun plötzlich eine erstaunliche Entwicklung durchmachte: Sie wuchs und wuchs, ja, wucherte beinahe, entwickelte duftende Blüten und zahlreiche Ableger. Und nun bin auch ich ein stolzer Besitzer eines Ablegers dieser Porzellanblume, einfach, weil diese Leserin den Namen meines Blogs in ihrer selbst erlebten Geschichte bestätigt gesehen hat: "Aus Trauer entsteht Leben", so hat sie es auf den Blumentopf geschrieben. Von dieser Geschichte sehr gerührt, möchte ich mich auch diesem Wege noch einmal öffentlich und herzlich bedanken. Was für eine wertvolle Rückmeldung. Und nicht die einzige, übrigens. 


Einmal rauskommen dürfen aus dem Elfenbeintürmchen


Schon zuvor hatte die Bloggerin Anja aus Lübeck, die ich für diesen Blog interviewen durfte, meinen Blog als "lesenswertvoll" bezeichnet (tolles Wortspiel, übrigens!) - es macht natürlich etwas mit mir, etwas Gutes, wenn ich erfahren darf, dass meine Texte in anderen Menschen etwas bewirkt haben. Das ist ein schönes und wertvolles Gefühl. Meistens sitzt man als Blogger ja so in seinem kleinem Elfenbeintürmchen an seinem Laptop und hat wenig bis gar keine Ahnung, was diese Texte, die man da so vor sich hin tippt, in den Lesern so auslösen. Ob sie überhaupt was auslösen. Ah, apropos tippen, das ist eine gute Überleitung - denn getippt habe ich kürzlich auch eine Pressemitteilung über die neue Männertrauergruppe im Raum Osnabrück, die sich jetzt treffen wird und bei der ein Einstieg jederzeit möglich ist. Und für alle, die das interessiert, ist hier jetzt der Text dieser Pressemitteilung: 


Dreht man den Blumentopf, ergibt sich die Textzeile: "Aus Trauer entsteht Leben". Wie wahr das ist, hat diese Leserin meines Blogs selbst erleben dürfen. Über das Geschenk habe ich mich sehr gefreut.  (Thomas-Achenbach-Fotos)


Neue Männer-Trauergruppe für die Region Osnabrück startet  


Wallenhorst/Osnabrück – Am Mittwoch, 11. 10. 2017, startet um 19.30 Uhr eine neue Trauergruppe in der Region, die sich ausschließlich an Männer richtet, die überkonfessionell ausgerichtet und für Interessierte aus der gesamten Region Osnabrück offen ist. - „Männer trauern anders“ – lautet die eine Erfahrung.... „Der Tod kennt kein Alter“  ist die andere Erkenntnis... ---   beidem wollen die die Gruppe leitenden Trauerbegleiter versuchen, gerecht zu werden in einer Trauergruppe, die nur für Männer - und zwar Männer jeden Alters – angeboten wird. Die Gruppe wird als offenes Angebot geführt, ein Einstieg ist jederzeit möglich.

Geleitet wird die Gruppe von Thomas Achenbach, zertifiziertem Trauerbegleiter nach
den Standards des Bundesverbands Trauerbegleitung (BvT) und der Wallenhorster Pastoralreferentin Regina Holzinger-Püschel (Zertifikate der Internationalen Gesellschaft für Sterbebegleitung und Lebensbeistand, ISGL, und der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie, GwG). 
Die Gruppe trifft sich im Pfarrheim der Kirchengemeinde St. Alexander, Wallenhorst, Kirchplatz 7. Häufigkeit und Orte der weiteren Treffen richten sich nach den Wünschen der Teilnehmer. Anmeldungen und Infos unter Tel. 0 15 75/3 73 65 18  oder holzinger-pueschel@pg-wallenhorst.de.


Öffentlicher Vortrag über Trauer am 25. 10. in Bad Laer 


Soweit der Text. Und wo ich gerade dabei bin, möchte ich mir gerne die Freiheit nehmen, auf eine weitere geplante Aktivität hinzuweisen. Ein öffentlicher Vortrag von mir steht am 25. Oktober (Mittwoch, 19 Uhr) in Bad Laer im dortigen Gesundheitszentrum am Grünen Weg auf dem Programm. Im Mittelpunkt stehen dann die Unsicherheiten, die es im Umgang mit Trauer oft gibt. Bei den Trauernden selbst - aber auch bei Angehörigen, Freunden oder Nachbarn. Der Vortrag richtet sich neben Trauernden auch an alle, die das Thema interessiert. Infos unter www.gesundes-netzwerk.info verfügbar sein. Und a14. Oktober 2017 (Samstag) darf ich für die Mitglieder von Selbsthilfegruppen in der Region Osnabrück ein Seminar geben, das den Titel trägt: "Tod und Trauer Raum und Würde geben" (das Seminar ist bereits ausgebucht).

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Der Autor dieser Zeilen bietet Trauerbegleitung in Osnabrück und im Osnabrücker Land an und hat eine Ausbildung zum Trauerbegleiter absolviert (Große Basisqualifikation gemäß des Bundesverbands Trauerbegleitung). Er hält auch Vorträge zum Thema Trauer und Umgang mit Trauernden. Mehr Infos gibt es hier

Ebenfalls auf diesem Blog: Vorgestellt - drei neue Bücher rund um Trauer und Verlust: Wenn die Eltern sterben, wenn Du Dir mit Schreiben hilfst, wenn Kollegen trauern

Ebenfalls auf diesem Blog: Tango auf der Trauerfeier, die Trauerrede als Audiodatei - was heute bei modernen Trauerfeiern alles möglich sein sollte

Ebenfalls auf diesem Blog: Was soll nach einem Todesfall gefeiert werden? "Nur" der Todestag - oder auch noch der Geburtstag des gestorbenen Menschen?

Und im Kultur-Blog des Autors: Warum die "Live-im-Kino"-Ereignisse ein großer Wachstumsmarkt, was die Branche noch Spannendes plant und warum sie medial gesehen zwischen allen Stühlen sitzt - ein Interview rund um Rock'n'Roll & Oper im Kino